(c) Das Museum für Druckkunst Leipzig - All rights reserved
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Das Museum für Druckkunst Leipzig – Druckgeschichte mit allen Sinnen erleben
Ein Sprichwort sagt, das Blei in den Setzkästen habe die Welt mehr verändert als das Blei in den Flinten. In der modernen, computerdominierten Zeit wird das Wissen um diese Quelle der Veränderung nur noch von einigen, wenigen Institutionen bewahrt. Eine davon ist das Museum für Druckkunst in Leipzig. Es sieht sich selbst als Wissensspeicher und dient der heutigen Informationsgesellschaft als Brücke zwischen Gegenwart und Historie der Drucktechnik. Das 1994 gegründete und seit 2000 als Stiftung arbeitende Museum ist in einem traditionsreichen, denkmalgeschützten Gebäude aus den 1920er Jahren untergebracht, das seit seiner Erbauung ausschließlich der „Schwarzen Kunst“ gewidmet ist. Es verfügt über eine umfangreiche Sammlung an Bleilettern, Stahlstempeln, Schriftgussmatrizen und noch funktionstüchtigen Maschinen aller Art des Druckgewerbes samt einer kleinen Handbuchbinderei. Seit Herbst 2008 beherbergt das Museum außerdem eine kleine Werkstatt für Holzstich (Xylographie). Das Museum für Druckkunst macht die Geschichte der Druckkunst aber nicht nur visuell, sondern mit fast allen Sinnen erlebbar. Die Besucher sehen, hören, fühlen und können einzelne Bereiche des Museums sogar riechen. Ein weiterer Bestandteil des Konzepts ist die Vermittlung typografischer wie druckgeschichtlicher Kenntnisse im praktisch-experimentellen Umgang mit Buchstaben und Geräten. In der Druckerei mit zahlreichen Maschinen und Pressen für den Hoch-, Tief- und Flachdruck sind die Düfte wahrnehmbar, die ein Drucker schon vor 50 Jahren an gleicher Stelle eingeatmet hat. Im Raum schwebt ein Duftgemisch aus Öl und Druckfarbe, der typisch für eine tätige Druckerei ist. Auch in der Schriftgießerei mit Komplettgießmaschinen des frühen 20. Jahrhunderts ist die Luft angefüllt mit einem Bleiaroma, der aus den Schmelzkesseln der Maschinen aufsteigt. Die permanente Gegenwart dieser Düfte ist Programm, denn im Museum wird täglich gearbeitet, sowohl für den eigenen Bedarf als auch für externe Auftraggeber. Aber auch Künstlern haben die Möglichkeit, ihre Werke im Museum zu drucken. Besucher können alte künstlerische Techniken wie Radierung oder Steindruck an Originalen nachvollziehen und in manchen Fällen sogar selbst ausprobieren.
In der Druckerei kann man einem gelernten Buchdrucker über die Schulter schauen und den Vorgang des Druckens von der Aufnahme des ungedruckten Papiers bis zur Ablage des fertigen Bogens direkt nachvollziehen. Es wird deutlich, mit welchem Feingefühl, aber auch mit welcher Kraft und mit welchem Druck an einem Printmedium gearbeitet werden muss, bevor es der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.
Ebenso können die Besucher Handsetzern und Schriftgießern bei der Arbeit zusehen. Einer der letzten tätigen Schriftgießer Deutschlands demonstriert den Besuchern die Entwicklung des Schriftgusses von seinen Anfängen mit dem bereits von Gutenberg benutzten Handgießinstrument bis zu den im 20. Jahrhundert verwendeten Komplettgießmaschinen.
In der Schriftgießerei ist auch die Werkstatt für Holzstich (Xylographie) untergebracht. Sie umfasst alle wichtigen Geräte und Werkzeuge dieses Handwerks, etwa eine Plattenkamera zur Reproduktion von Bildmotiven oder eine das Licht bündelnde Schusterkugel sowie eine seltene Tonschneidemaschine, mit der der Holzstecher feinste Schraffuren erzeugt. Darüber hinaus dokumentiert sie anhand einer Vielzahl an historischen Bildbeispielen und Originalholzstöcken die Kunstfertigkeit der Xylographen.
Zur Sammlung zählen neben Druckpressen und -maschinen auch Setzmaschinen. Hervorzuheben ist hier eine 1899 gebaute Linotype, die als letzte von Ottmar Mergenthaler, dem Erfinder der Linotype, persönlich konstruierte gilt. Die Linotype vereint das Setzen, Schriftgießen und Ablegen der Gussmatrizen in einem Arbeitsgang. Es handelt sich um eine technische Meisterleistung des späten 19. Jahrhunderts, die bei jeder Vorführung auch heute noch Erstaunen hervorruft. Diese Maschinen produzieren ganze Zeilen, die anschließend zu einer Kolumne zusammengefügt werden.
Einen nicht unbeträchtlichen Teil der Sammlung bilden die Schriften und Matrizen von Stempelschneidern und Schriftkünstlern wie zum Beispiel Johann Christian Bauer und Paul Renner. Die Schriften des Museums sind nicht nur Anschauungsobjekte. Sie werden auch für im Museum stattfindenden Workshops oder Auftragsarbeiten verwendet. Die Bleilettern werden von Kursteilnehmern oder von gelernten Setzern zu Texten zusammengefügt und anschließend im Museum gedruckt. Außerdem sind sie eine wertvolle Quelle zur Aufarbeitung der Geschichte der Druckschriften. Das Museum beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Präsentation seiner eigenen Sammlung. Als Kunstmuseum zeigt es auch interessante Sonderausstellungen zu verschiedenen Themen. Im Frühjahr 2009 steht der französische Lithograf und Karikaturist Honoré Daumier auf dem Programm. Das Museum für Druckkunst ist auch ein Ort, an dem Vorträge und Symposien stattfinden. Ein wichtiger Termin für Schriftinteressierte sind die jährlich stattfindenden Typotage, wo sich Fachleute und Laien über aktuelle Themen zu Schrift und Schriftgestaltung austauschen. Neben Veranstaltungen für Erwachsene bietet das Museum auch interessante Projekte und Kurse für Kinder und Jugendliche.
Unterstützt wird das Museum seit Jahren von der Gesellschaft zur Förderung der Druckkunst Leipzig e.V. Mitglieder sind neben namhaften Gestaltern, Dozenten und Freischaffenden viele Menschen, die sich für alte Drucktechniken interessieren und durch ihren Jahresbeitrag aktiv zu deren Erhalt beitragen. Als Dankeschön für die Unterstützung erhalten die Mitglieder eine Jahresgabe in Form einer limitierten Grafikmappe mit im Museum gedruckten Werken zum Beispiel von Prof. Karl-Georg Hirsch. Neue Mitglieder sind immer willkommen!
Das Museum für Druckkunst ist eine Anlaufstelle für jeden, der sich für das Drucken jenseits der computergesteuerten Hightechmaschinen interessiert. Der Museumsshop bietet eine Vielzahl an im Museum hergestellten Produkten an, von der Postkarte, über künstlerische Geschenkpapiere bis zu Exlibris-Mappen und Büchern. Alte Techniken, die auch heute noch Jung und Alt begeistern!
Text: Stefan Zunkel Wie Sie uns finden : Stiftung Werkstattmuseum für Druckkunst Leipzig - Nonnenstraße 38 - 04229 LeipzigÖffnungszeiten : Montag bis Freitag, 10:00 Uhr bis 17:00 Uhr - Sonntag, 11:00 Uhr bis 17:00 Uhr